Von Schicksalsschlägen ist die Volksbühne wahrlich gebeutelt. Nach dem überraschenden Tod des Intendanten René Pollesch musste das Haus in dieser Woche von seinem langjährigen Chefdramaturgen und Impulsgeber Carl Hegemann Abschied nehmen.
Auch in der letzten Premiere dieser Spielzeit geht es um einen schweren Verlust. Marie Rosa Tietjen, die mit Pollesch 2021 ins Ensemble kam und mit ihm zuvor schon regelmäßig in Zürich gearbeitet hat, verarbeitet in einer Solo-Performance im 3. Stock den Verlust einer Freundin.
Nach einem stummen, tänzerischen Intro und einem Reenactment des YouTube-Schnipsels des Alt-Kanzlers Gerhard Schröder, der auf ehemalige Nachbarinnen am Ort seiner Kindheit trifft, die alle Fragen nach konkreten Personen mit lakonischem „Auch schon tot…“ beantworten, schildert Tietjen in ihrer einstündigen Performance die Gefühle von Verlust, Trauer und Schmerz mit kleinen komödiantischen Einsprengseln.
Der Sound dieses Texts, an dem Arpana Aischa Berndt mitgearbeitet hat, ist dem Publikum vertraut. „Anders Lost – My Kung-Fu Conversation with my Loneliness“ steht stilistisch und inhaltlich in der Tradition der Arbeiten von Pollesch/Hinrichs auf der großen Bühne: tragikomische Suchbewegungen nach einem Verlust.
Performativ setzt Tietjen bekannte Versatzstücke ein, am spektakulärsten ist ihr Ritt auf einem Pferd mit abgeschlagenem Kopf, im Mittelpunkt des kurzen Abends steht klar der Text. Nach der Hitzewelle war es unvermeidlich, dass die kleine Nebenspielstätte im 3. Stock am Rosa Luxemburg-Platz immer noch sauna-artig überhitzt war. In kurzen Momenten ihrer Performance öffnete Tietjen die Oberlichter für ersehnte Frischluft, nur um sie kurz danach wieder zu schließen, was es für das Publikum unnötig anstrengend machte.
Weitere Vorstellungen bis zur Sommerpause am 5./6. und 10.-12. Juli.
Bilder: Luna Zscharnt